Re: BGH-Urteil zu ungesichertem WLAN
von Dreamer » Mi 12. Mai 2010, 19:52
Der Bundesgerichtshof hat heute wie angekündigt ein Grundsatzurteil in der Haftungsfrage für ungesicherte WLAN-Hotspots verkündet. Das Urteil sagt nichts zu öffentlichen Hotspots in Bahnhöfen etc. aus, sondern bezieht sich ausdrücklich nur auf private Betreiber. Diese verpflichtet der BGH nun zur Sicherung des Anschlusses gegen unbefugte Nutzung. Dabei sind die zum Zeitpunkt der Einrichtung gängigen Verschlüsselungsmethoden zu wählen und den werksseitigen Netzwerkschlüssel nach den Regeln für sichere Passwörter zu ändern. Versäumt der Anschlussinhaber dies und kommt es dadurch zu Schäden, hat der Geschädigte einen Unterlassungsanspruch. Der WLAN-Betreiber haftet jedoch nicht für diese Schäden, wenn sich Unbefugte in sein Netz eingewählt haben.
Konkret bedeutet das für ungesicherte WLAN-Netze: Abmahnung ja, Schadenersatz nein. Der Abmahnbetrag ist in einfach gelagerten Fällen durch das Urheberrecht auf 100 Euro gedeckelt.
Insgesamt folgt der BGH hier also der Logik, wie sie auch beim Betrieb eines Kfz gilt: Der Fahrzeughalter hat aufgrund der Betriebsgefahr seines Autos eine besondere Sorgfaltspflicht. So ist es selbstverständlich, dass Autofahrer ihren Wagen abschließen, wenn sie ihn abstellen. Analog dazu kann von einem privaten WLAN-Betreiber verlangt werden, dass er die mit dem Router verfügbaren kostenlosen Verschlüsselungsmethoden nutzt. Weitere technische Vorkehrungen sowie eine Aktualisierung der Verschlüsselungsmethode sind dagegen nicht erforderlich. Letzteres würde in der Praxis auch bedeuten, dass man sich u.U. mindestens alle paar Jahre einen neuen Router kaufen müsste, der die aktuellste Methode (derzeit WPA2) beherrscht (sofern sich die Firmware nicht updaten lässt).
Für öffentliche Hotspots gibt es dagegen noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen. Die Sicherungspflichten eines gewerblichen Betreibers dürften aber wesentlich höher liegen als für Privatpersonen. Dazu dürfte eine ständige Aktualisierung der Verschlüsselungsmethode auf den neuesten Stand der Technik gehören, ebenso zusätzliche technische Vorkehrungen gegen illegale Nutzung und regelmäßige Passwortänderungen. Ohne Netzwerkadmin geht hier also fast gar nichts mehr. Weiterhin kommt hinzu, dass die Deckelung des Abmahnbetrags auf 100 Euro nur für Privatleute gilt, gewerbliche Anbieter müssen hier also mit wesentlich höheren Forderungen rechnen. Ob gewerbliche Anbieter aber auch für die Verstöße an sich verantwortlich gemacht werden können (und damit z.B. auch Schadenersatz zahlen müssen), ist noch nicht entschieden. Kommt nun also das Aus für kostenlose Hotspots ohne Registrierungspflicht? Das wird noch spannend ...
BGH-Urteil vom 12.05.2010, Aktenzeichen I ZR 121/08
Ein Mann wie ein Baum - sie nannten ihn Bonsai.