Dreamer hat geschrieben:Die Gründe für diesen Missstand liegen m.E. klar auf der Hand: Angst gepaart mit Unwissenheit und Unerfahrenheit.
Doch wer sich mal etwas mit Ängsten beschäftigt hat, kommt sehr schnell dahinter, warum auch Aufklärung alleine hier wenig helfen kann.
- Jeder weiß, dass starkes Übergewicht gesundheitliche Probleme bereiten kann. Jedoch haben die allermeisten kein Problem, mal etwas Süßes zu naschen.
- Jeder weiß, dass Raserei und Alkohol im Straßenverkehr gefährlich sind. Doch warum lässt man das Auto stehen bzw. hält ish ans Tempolimit? Richtig, weil man Angst vor dem Führerscheinverlust hat.
- Jeder weiß, dass trotz einiger Katastrophen Fliegen die sicherste Fortbewegungsart ist. Doch gibt es einige, die Flugangst haben und dies mit der Gefahr des Abstürzens begründen. Statistisch gesehen schadet mir aber eine Tafel Schokolade mehr als der typische Urlaubsflug.
Warum isst jemand mit Flugangst also weiterhin Schokolade oder trinkt Alkohol? Ist das nicht widersprüchlich?
Ist es, aber menschliches Verhalten lässt sich nun mal nicht logisch, sondern nur psycho-logisch erklären.
Ängste haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf unser Verhalten und werden daher auch gerne zu Überredungs- und Manipulationszwecken eingesetzt. So wird dem säumigen Zahler mit Zwangsvollstreckung gedroht und dem Kind mit TV- oder sonstigen Verboten, sollte es zu spät heimkehren.
Beim Thema HIV wird die Angst dagegen ohne äußeres Zutun geschürt, denn die wenigsten von uns haben mal gesagt bekommen: "Gib dich nicht mit HIV-Infizierten ab, sonst steckst du dich noch selber an und stirbst." Geprägt wurde dies sicher in der Zeit, in der das Thema Aids bei uns aufkam, als man noch wenig wusste darüber und es allgemein hieß: HIV-Infektion = Aids-Erkrankung = Tod innerhalb von wenigen Jahren. Dazu kamen die "heimtückischen" Übertragungswege.
Diese Ängste führen dazu, dass früher Menschen wegen ihrer Krankheit (Pest) oder wegen angeblicher dämonischer Einflüsse (Hexen) verbrannt wurden und heute HIV-Positive immer noch "stigmatisiert, diskriminiert und kriminalisiert" werden (Zitat: DennisTheMenace), obwohl dies nicht notwendig und vor allem nicht nett ist.
So, nun haben wir festgestellt, dass das so ist und auch ein bisschen philosophiert, warum das so ist.
Aber wie kann man das Problem lösen?
Mittlerweile wird teilweise sogar gute Aufklärung betrieben, Informationen können spätestens seit der Erfindung des Internets schnell eingeholt werden, man weiß auch (hoffentlich), dass eine Infektion nicht gleich den Ausbruch der Krankheit bedeutet. Andererseits hat sich am zwangsläufig tödlichen Ausgang der Krankheit bisher nichts geändert, auch wenn dies heute durchaus länger dauern kann und die Symptome / Leiden für die Betroffenen medikamentös gelidnert werden können. Hätte aber Aids heute dieselben Heilungschancen wie eine Grippe, so würde sich die Angst in den Köpfen von selber legen. Ein gutes Beispiel ist die Malaria, die dank zumindest in Europa erhältlicher Medikamente Reisende nicht davon abhält, in die betroffenen Gebiete zu fahren.
Aber da dies noch nicht der Fall ist, gibt es nur zwei Lösungswege: ein Heilmittel gegen Aids entwickeln oder alle zu Angsttherapien verpflichten.
Es ist die Haltung - der Tenor der ich auf Grund der Wortwahl der Berichterstattung in Frage stelle.
Dreamer hat geschrieben:Ich will Dir grundsätzlich nicht widersprechen, zumal ich das nicht so intensiv beobachtet habe.
Nur frage ich nochmal: Geht es Dir um die öffentliche Darstellung oder um die öffentliche Wahrnehmung des Themas?
Was bedeutet es, dass auch das Käseblatt in die gleiche Kerbe schägt? Haben die einfach nur bei den Großen abgeschrieben oder sind die Journalisten einfach nur ein repräsentativer Querschnitt der gesamten verängstigten Bevölkerung?
Anders herum besteht zumindest die Hoffnung, dass das sehr rigorose Vorgehen gegen die Sängerin und die damit verbundene überzogene Berichterstattung die öffentliche Diskussion überhaupt erst wieder in Gang gebracht hat und einige nun begreifen, was da eigentlich für ein Quatsch gelaufen ist.
Ich muss sagen, ich habe den Fall an sich gar nicht so sehr verfolgt, da es eher ein Klatschthema ist. Mich interessiert da auch eher die Art und Weise, wie berichtet wird. Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens wie immer http://www.bildblog.de/7183/das-hiv-dra ... z-skandal/ und http://www.bildblog.de/7150/was-schuetz ... ds-u-haft/
DennisTheMenace hat geschrieben:@Dreamer
wenn ich nicht deine Mail gelesen hätt . . . .ich wär nie nich auf den hread geagngen weil ich dacht da wär keine Antwort . . . .
* Haben Sie Informationen darüber, dass [die Sängerin] absichtlich jemanden mit HIV infiziert hat, wie es die Formulierung von der „Bio-Waffe” nahelegt? Soweit ich weiß, ist ihr das bislang nicht vorgeworfen wurden, sondern nur, dass sie eine mögliche Infektion durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr in Kauf genommen habe.
* Bislang ist [die Sängerin] nicht angeklagt, geschweige denn verurteilt worden. Offenbar halten Sie die umfassende Berichterstattung dennoch für gerechtfertigt. Heißt das nicht in der Konsequenz, dass nach Ihrer Argumentation jemand auch dann diese Berichterstattung über sein Intimleben hinnehmen muss, wenn er seinen Körper nicht als Bio-Waffe einsetzt?
* Halten Sie den Körper eines jeden HIV-positiven Menschen für eine Bio-Waffe?
Dreamer hat geschrieben:Stefan Niggemeier stellt hier genau die richtigen Fragen:* Haben Sie Informationen darüber, dass [die Sängerin] absichtlich jemanden mit HIV infiziert hat, wie es die Formulierung von der „Bio-Waffe” nahelegt? Soweit ich weiß, ist ihr das bislang nicht vorgeworfen wurden, sondern nur, dass sie eine mögliche Infektion durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr in Kauf genommen habe.
* Bislang ist [die Sängerin] nicht angeklagt, geschweige denn verurteilt worden. Offenbar halten Sie die umfassende Berichterstattung dennoch für gerechtfertigt. Heißt das nicht in der Konsequenz, dass nach Ihrer Argumentation jemand auch dann diese Berichterstattung über sein Intimleben hinnehmen muss, wenn er seinen Körper nicht als Bio-Waffe einsetzt?
* Halten Sie den Körper eines jeden HIV-positiven Menschen für eine Bio-Waffe?
Allerdings handelt es sich hier um das Grundproblem einiger Boulevardzeitungen. Das Thema wurde nur deshalb so hochgekocht, weil es sich um eine recht bekannte Sängerin handelt. Hätte es sich um eine Unbekannte gehandelt, wäre der Fall nicht in der Form durch die Medien gegangen. Wäre die Sängerin jedoch anderweitig aufgefallen, wären die gleichen journalistischen Verfehlungen passiert. Sagen wir, sie hätte einen Verkehrsunfall verursacht und es würde noch geprüft, ob sie Alkohol getrunken hätte. Diese Prüfung (ein Routinevorgang bei jedem Unfall) hätte in der Klatschpresse zu wildesten Spekulationen geführt.
Der Grund für die Hetzjagd ist also in erster Linie keine falsche Einstellung gegenüber HIV-Betroffene, sondern Quotengeilheit. Die medienkritischen Blogs sind voll von solchen Dingen und da ist HIV wirklich nur ein Beispiel unter vielen. Wenn es gerade für eine Skandalüberschrift passt, kriegt jeder sein Fett weg.
Dass es diesmal HIV-Positive traf, die in unserer Gesellschaft eh schon besonders leiden müssen, ist bedauerlich, aber ich sehe auch die Chance, dass man anhand dieses Beispiels die Leute wachrütteln kann. Denn der eigentliche "Feind" ist nicht die Medienlandschaft, sondern das Bewusstsein in den Köpfen.
Zudem es ist bekannt das gerade der Spinger Konzern mit seiner Meinung ausschlaggebend zur Meinung über ein Thema in der Gesellschaft beiträgt. Das beste Beispiel war z.b. Andreas Türck.
„Seit dem Fall von N.B. klebt Schmutz an uns, den wir nicht weg bekommen. Egal, wo wir auch stehen, egal wie wir selbst an uns gearbeitet haben und uns nicht mehr schmutzig fühlen, wir sind einfach schmutzig und schuldig. Und das tut verdammt weh.“
Claudine hat geschrieben:Nach einigem Nachdenken: ich habe das Zitat falsch verstanden, das sehe ich nun im Nachlesen.
Sie sagt ja eigentlich nicht, dass sie sich schmutzig fühlt, sondern dass sie quasi mit Schmutz beworfen wurde...
Ich finde, das ist sehr missverständlich ausgedrückt, aber ich muss daher wohl einiges von dem, was ich oben schrieb nochmal überdenken. Also grad den Teil wo es um den Schmutz geht. Ich kann jetzt nachvollziehen, dass sich viele nach verbalen Attacken (die es wohl dann gab?) beschmutzt fühlen, das ist nicht schön, absolut nicht, aber das ist, was schon immer passierte, seit man Menschen an den Pranger stellte, Abschütteln und Drüberstehen, was anderes gibt es da wohl kaum und auf die Leute vertrauen, die nicht nur der Bildzeitung nachplappern, weil die gibt es nämlich auch.
das ist das typischs totschlagsargument - s war schon immer so also gewöhn dich daran (daran das man auf grund von solcher berichterstattung die zu vorurteilen, augrenzung und ablehnung führt, gemobbt, und geschnitte wird, den job verliert. DAS Claudine ist die realität. Das sind die Auswirkungen solcher Art der "Aufklärung". Abschütteln und drüber stehen ist eine Illusion oder warum glaubst Du das heute in den Aidshilfen die BeraterInnen sagen: ich würde es auf der Arbeit niemand erzähöen das man positiv ist . . . . . .
Aber dennoch glaube ich, es ist alles ein wenig aufgebauscht. Haben sich denn nun tatsächlich alle dafür interessiert, was da geschehen ist? Ich habe es erst Tage später zum ersten Mal zufällig gelesen, in einem internet Forum. Das ist keine Schlagzeile, die ich anclicken würde und ich bin sicher nicht die einzige, der es so geht.
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