[Anmerkung: Verschiedene Themen zusammengeführt. LG, Dreamer]
Gestern hat die französische Nationalversammlung ein Verbot der Gesichtsverschleierung beschlossen. Dies wird wohl Anfang 2011 in Kraft treten.
Dabei handelt es sich im eigentlichen Sinn um ein Vermummungsverbot, wie es z.B. auch aus dem deutschen Versammlungsrecht bekannt ist. Denn die Ganzkörperverschleierung, die nun verboten sein soll, entsteht ja erst durch Verhüllung des Gesichts. Somit müsste man eigentlich von einem Verbot des Niqab (Gesichtsschleier, der nur einen Sehschlitz hat) sprechen. Die Burka ist dagegen ein Gewand mit integriertem Niqab.
Frankreich hat historisch bedingt einen sehr hohen Anteil an islamgäubigen Zuwanderern.
Verstößt eine Frau gegen dieses Verbot, so soll sie nach dem Willen der Abgeordneten entweder 150 Euro Strafe zahlen oder eine n Kurs in Landeskunde besuchen. Wird sie dagegen von ihrem Mann gezwungen, so muss dieser mit 30.000 Euro oder einem Jahr Gefängnis rechnen.
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Ich finde, das geht zu weit. Mit dem sog. Burkaverbot möchte man die Unterdrückung islamischer Frauen bekämpfen. Aufgrund des Rechts der persönlichen Freiheit darf niemand familären oder gesellschaftlichen Zwängen unterworfen werden. Das ist soweit logisch. Jedoch ist ein Burkaverbot genauso verwerflich wie ein Burkazwang, es ist eigentlich das gleiche in grün. Denn nun schreibt der Staat den Frauen die Kleider vor und nicht mehr der patriarchische Ehemann oder die strenggläubige Familie. Diejenigen Frauen, die sich von sich aus so kleiden wollen, werden damit ebenfalls in ihren Persönlichkeitsrechten beschnitten. Es mag dahingestellt sein, ob man bei islamisch aufgewachsenen Frauen je von Freiwilligkeit sprechen kann oder ob es nicht immer auch zumindest zum Teil auf Erziehung beruht. Jedoch kann man bei zum Islam konvertierten Frauen durchaus von Selbstbestimmung ausgehen. Hier sollte man sich an den gemäßigten islamischen Ländern orientieren: Dort ist es nämlich völlig normal, dass ein Teil der Frauen verschleiert ist und ein Teil kurze sommerliche Kleidung nach westlichem Vorbild trägt. Weiterhin muss man sich die Frage stellen, was denn passiert, wenn man in Frankreich sich im Winter die Kapuze überstülpt und den Schal ums Gesicht bindet, um gegen den eisigen Wind anzukämpfen ... Immerhin hat die Verschleierung ihre Wurzeln im rauhen Wüstenklima und wurde erst später vom Islam übernommen. Zwar macht eine Burka in Europa klimatisch gesehen keinen Sinn, aber wo zieht man dann die Toleranzgrenze? Soll nun auch die Outdoorjacke und das Hawaiihemd aus den Städten verbannt werden? Sicher nicht, auf die Idee käme keiner.
Hinzu kommt, dass der Zwang durch andere auch schon durch andere Vorschriften unterbunden werden kann. Im schlimmsten Fall handelt es sich um Nötigung. Damit kann ein Mann sowohl in Frankreich als auch in Deutschland schon empfindlich bestraft werden, wenn er seine Frau zur Verschleierung zwingt. Warum nun aber Unterschiede gemacht werden, ob der Zwang im Tragen eines Schleiers oder aber in anderen Handlungen liegt, bleibt mir, hmm, schleierhaft. Würde also ein Mann seine Frau zum Tragen eines Minirocks zwingen, hätte das vermutlich wesentlich mildere Konsequenzen.
Daher sehe ich das Verbot eher als Kampfansage an den Islam, was in einer toleranten Gesellschaft nicht statthaft ist. Solange jemand niemanden schadet, kann er tun und lassen, was er will. Andere mögen das komisch finden, sie dürfen jedoch nicht missionieren. Ähnlich kontroverse Diskussionen gab und gibt es ja auch in Bezug auf die Forderung eines Kopftuchverbots. Leider wird dabei oft vergessen, dass ja christliche Nonnen auch Kopftücher tragen, nur soll ein solches Verbot ausdrücklich gegen islamische Kopftücher gelten. Derartige Vorschriften stehen also regelmäßig im Widerspruch zum rechtstaatlichen Grundsatz der Gleichbehandlung.
Bekleidungsvorschriften beheben die genannten Probleme sowieso nur oberflächlich. Einer Frau, die sich unterdrückt fühlt, ist mit einem Burkaverbot wenig geholfen. Denn damit ist das, was hinter verschlossener Tür passiert, noch lange nicht unterbunden. Aber die Öffentlichkeit sieht die Unterdrückung nicht mehr, somit verschwindet sie serst einmal aus dem öffentlichen Bewusstsein. Vielleicht ist es aber auch mehr eine Furcht und es geht in Wirklichkeit gar nicht um die unterdrückten Frauen, sondern um eigene Befindlichkeiten.
Was wir also wirklich brauchen, ist eine Hilfestellung für Frauen, die sich wehren wollen, aber nicht trauen. Das ist doch das eigentliche Problem, dass die rechtlichen Möglichkeiten zwar vorhanden sind, aber bei weitem nicht greifen. Das gilt für alle Fälle von häuslicher Gewalt, ob nun in muslimischen oder in christlichen oder sonstigen Familien.
Was meint Ihr?