Im Fall der fristlosen Kündigung wegen des Verzehrs von Maultaschen gab es nun in zweiter Instanz eine Einigung. Die Parteien schlossen einen Vergleich vor dem zuständigen Landesarbeitsgericht Freiburg. Demnach bekommt die Altenpflegerin eine Abfindung, akzeptiert aber im Gegenzug die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Vergleich kann jedoch noch bis zum 30. April von beiden Seiten widerrufen werden. Dann müsste das Gericht ein Urteil fällen. Der Richter ließ durchblicken, dass dies nicht unbedingt zugunsten des Arbeitgebers ausfallen würde, denn es handle sich zwar um Diebstahl, allerdings sei kein messbarer Schaden entstanden, da die Maultaschen als Reste übriggeblieben waren und ansonsten entsorgt worden wären.
Damit zeichnet sich so langsam eine Trendwende in der Rechtsprechung ab. Zwar gibt es immer noch keine Bagatellgrenze für Diebstähle am Arbeitsplatz, allerdings bewerten die Gerichte die Fälle mittlerweile differenzierter, so dass im Einzelfall mildere Mittel als eine fristlose Kündigung angewendet werden müssen.
Die als "Emmely" bekanntgewordene Kassiererin, welcher zur Last gelegt wurde, zwei Pfandbons unterschlagen zu haben, bekam heute vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt die endgültige Bestätigung, dass ihre fristlose Entlassung unverhältnismäßig und daher unwirksam war.
Zunächst unterlag sie in allen Vorinstanzen, bis das BAG mit seiner heute verkündeten Entscheidung dem Fall eine Wende gab. Die Kassiererin muss nun bei der Supermarktkette weiterbeschäftigt werden.
"Emmely" war bisher 31 Jahre bei der Supermarktkette beschäftigt und der Wert der Pfandbons betrug 1,30 EUR. Dieser Wert sei nicht so groß, dass damit das langjährige Vertrauen auf einen Schlag völlig gebrochen würde, so das BAG. Der Arbeitgeber könne also nicht argumentieren, ihm sei die Weiterbeschäftigung nicht mehr zuzumuten.
Mittlerweile wurden nun schon einige fristlose Kündigungen in öffentlich bekanntgewordenen Fällen kassiert, das heutige höchstrichterliche "Emmely"-Urteil wird dabei auch richtungsweisend für zukünftige Fälle sein. Damit wird die Interessenabwägung bei Bagatelldiebstählen tendenziell ergeben, dass dem Arbeitgeber mildere Mittel als die fristlose Kündigung zuzumuten sind. In der Regel wird nicht einmal die ordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung erlaubt sein, sondern nur eine Abmahnung. Eine Kündigung wäre dann erst im Wiederholungsfall möglich.
Unklar war im aktuellen Fall der tatsächliche Sachverhalt. "Emmely" hatte in den Vorinstanzen den Vorwurf zurückgewiesen, sich dabei aber in Widersprüche verwickelt. Auch hat sie behauptet, der Vorfall sei nur ein Vorwand gewesen, um sie loszuwerden, die wahren Gründe dafür seien ganz andere.
Grundsätzlich gilt: Um Missverständnissen vorzubeugen, sind klare Absprachen notwendig, bei wichtigen oder so delikaten Dingen wie Kassenbeständen immer mit Zeugen oder schriftlichen Belegen.